Bedingungen des Vorsteuerabzugs für private Bildungseinrichtungen

Kategorie: Steuern, Umsatzsteuer

Bild: Shutterstock

28.01.2014

Der EuGH entschied am 28.11.2013 in der Rechtssache C-319/12, in der es um die Auslegung der Art. 132, 133, 134 und 168 der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (2006/112/EG) ging. Der EuGH sollte u. a. prüfen, ob die Mitgliedstaaten, die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der genannten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für Bildungsleistungen auch privaten Einrichtungen gewähren dürfen, wenn sie lediglich zu gewerblichen Zwecken handeln.

Das Vorabentscheidungsverfahren basiert auf der Klage einer privaten Gesellschaft polnischen Rechts, die Schulungsdienstleistungen, u.a. im Steuerbereich anbietet. Mit ihrer Geschäftstätigkeit verfolgt die Gesellschaft eine eindeutige Gewinnerzielungsabsicht. Hinsichtlich der mehrwertsteuerlichen Behandlung ihrer Tätigkeit war die Gesellschaft der Ansicht, dass die im polnischen Umsatzsteuergesetz vorgesehene Steuerbefreiung für die von ihr angebotenen Schulungsdienstleistungen der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie entgegenstehe. Ihrer Meinung nach stände ihr das Vorsteuerabzugsrecht zu, da laut der Richtlinie Bildungsdienstleistungen, die von privaten Einrichtungen zu gewerblichen Zwecken erbracht werden, nicht von der Steuer befreit sind. Diese Ansicht teilte das polnische Finanzamt nicht und die Gesellschaft reichte Klage ein.

Der EuGH entschied wie folgt:

 

  1. Die Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, 133 und 134 der Richtlinie 2006/112/EG (...) sind dahin auszulegen, dass sie einer Mehrwertsteuerbefreiung für Bildungsdienstleistungen, die von nicht öffentlichen Einrichtungen zu gewerblichen Zwecken erbracht werden, nicht entgegenstehen. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie untersagt jedoch, allgemein sämtliche Bildungsdienstleistungen zu befreien, ohne dass die Zielsetzung nicht öffentlicher Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, berücksichtigt wird.

  2. Ein Steuerpflichtiger kann nicht gemäß Art. 168 der Richtlinie 2006/112 oder der zur Umsetzung dieses Artikels erlassenen nationalen Bestimmung ein Recht auf Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer in Anspruch nehmen, wenn seine auf der Ausgangsstufe erbrachten Bildungsdienstleistungen aufgrund einer im nationalen Recht unter Verstoß gegen Art. 132 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie vorgesehenen Befreiung nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.

Der Steuerpflichtige kann sich jedoch auf die Unvereinbarkeit der Befreiung mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112 berufen, damit sie nicht auf ihn angewandt wird, wenn er - selbst unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums, den diese Bestimmung den Mitgliedstaaten einräumt - nicht objektiv als Einrichtung angesehen werden kann, deren Zielsetzung im Sinne der genannten Bestimmung mit der einer Bildungseinrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist.Im letzteren Fall unterliegen die Bildungsdienstleistungen des Steuerpflichtigen der Mehrwertsteuer, und er kann daher das Recht auf Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer in Anspruch nehmen.Quelle: EuGH